Verändert



Etwas hat sich verändert. Ich habe es schon geahnt, als ich heute morgen in den
Spiegel geschaut habe, mit scheinbar fremden Augen, aber die volle Konsequenz
dessen wird mir erst jetzt bewusst. Es ist nicht die Farbe meiner Augen, die sie
mir fremd macht, obwohl sie mir blauer erscheinen als bisher. Dieses Phänomen
hätte ich wohl noch einer Spielerei des Lichts anlasten können. Der wohlwollende
Blick aber, mit dem mein Spiegelbild sich selbst und die Welt betrachtet,
kann unmöglich meiner sein.
Dar¨uber, warum mir gerade jetzt solche Gedanken im Kopf herumschwirren,
kann ich nicht mehr als Vermutungen anstellen; vielleicht, weil ich in einem
überfüllten Zug sitze. Um mich herum stehen Leute, in den Gängen, in den
Türen, doch ich sitze und betrachte sie, betrachte mich, mit einem Blick, der
nicht meiner ist. Ja, man könnte fast glauben, mein früheres Ich stünde auch
dort an der Tür, während ich auf seinem Platz sitze. Vielleicht sollte ich ein
schlechtes Gewissen haben; es gefällt mir aber gut.
Ein bißchen wundere ich mich über mich selbst. Vielmehr jedoch wundere ich
mich darüber, dass ich mich eigenlich nicht sehr über mich wundere.
Vielleicht habe ich die Erinnerungen in eine Koffer gepackt und diesen am Bahnhof
stehen lassen. Ob ich zurück fahren soll, um ihn abzuholen?

Home